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29.12.2009, 18:48 Uhr - Alter: 14 Jahre

Nur bis 1,6 Promille...

Am 23.12.2009 lud der Verband der Körperbehinderten auf einen Glühwein. Natürlich sollten auch die berühmten Schauwerkstätten besichtigt werden. Ca. 20 Rollstuhlfahrer und Freunde waren gekommen, um gegen die Barrieren auf dem neu gestalteten Dresdner Striezelmarkt aufmerksam zu machen. Vor noch nicht all zu langer Zeit wurde dieser für fast 10 Millionen Euro des Steuerzahlers saniert. Kabelbrücken und Wasserleitungen wurden unterirdisch verlegt, damit Kabelbrücken nicht mehr nötig sind.

Das war wohl nichts

Dieses Jahr wollte Stadtrat Dirk Hilbert etwas Neues ausprobieren und gab fast eine halbe Million Euro für die Neugestaltung des Marktes aus. An Barrierefreiheit hatte er wohl nicht gedacht. Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte und Eltern mit Kinderwagen können die Schauwerkstätten nur über einen viel zu kleinen Hublift erreichen, der bei Tiefsttemperaturen schnell auch mal einfriert und nicht funktioniert. Wieder muss man sich über Kabelbrücken schinden. Dabei stand doch Familienfreundlichkeit im Vordergrund.

Marktleitung völlig überfordert

Die Marktleitung war mit dem vermeintlich überraschenden Massenauflauf - es stand in allen regionalen Zeitungen - völlig überfordert. Bis der Lift betriebsbereit war, dauerte es. Zeit für einen Glühwein! Als es dann soweit war und die Technik aufgetaut war, hatten die Kinder Vorrang. Ein freundlicher Herr auf dem Podest überreichte den Kleinen (und den Großen auch) Kekse. Nacheinander ging es nach oben. Die ersten Glühweintassen waren inzwischen leer. Einige Rollstühle waren zu groß und passten nicht auf die kleine Plattform. Pech gehabt - bleiben die eben unten und schauen mal wieder nur zu! Noch einen Glühwein zum Trost? Dr. Ilja Seifert war extra aus Berlin angereist, um die Dresdner zu unterstützen. "Ich finde es gut, dass ihr euch wehrt!", so der Bundestagsabgeordnete. Tee- und Grablichter wurden aufgestellt und symbolisierten das "Zugrabetragen" einer völlig überteuerten Technik, auf die sich niemand verlassen kann.

Ich dachte Sie sind der Betreuer

Während der anschließenden Mahnwache für den viel zu kleinen Lift - natürlich bei einem Glühwein - nahm ein freundlicher Polizist der Striezelwache einen der Begleiter zur Seite und bat ihn auszurichten, dass die Marktleitung ihn informiert habe, dass die Rollstuhlfahrer den Durchgang behindern würden. Der Begleiter teilte ihm bestimmt mit, dass er kein Betreuer, sondern lediglich Anhänger der Aktion, sei und man mit Rollstuhlfahrern durchaus ganz normal sprechen könne. Etwas beschämt und mit ganz viel Mut tat der Polizist das dann auch. Der Marktleiter habe darum gebeten, den Durchgang freizugeben und dass sich die vielen Rollstuhlfahrer an einem geeigneteren Platz zum Quatschen versammeln sollten. Bei seinem zweiten Rundgang wies er Romy Pötschke, unterwegs im Elektrorollstuhl, noch darauf hin, dass in solch einem Fahrzeug nur 1,6 Promille erlaubt sind. Ob er das mit jedem Besucher des Striezelmarktes tut, der eventuell einen Autoschlüssel bei sich tragen könnte?

Text: Romy Pötschke


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